Die Hysterie um den Kauf von WhatsApp

Ja, was ist da eigentlich genau passiert, als vor vier Tagen verkündet wurde, dass Facebook den Kurznachrichtendienst WhatsApp für 19 Milliarden US-Dollar gekauft hat? Sicher, dieser Millarden-Deal ist einer der Superlative in der Techbranche. Aber warum nun die ganze Hysterie?

Totgesagte leben länger

In jüngster Vergangenheit wurde immer wieder berichtet, dass Facebook die Jugend wegläuft und damit die Zukunft von Facebook gefährdet sei. Diese Abgesänge waren wohl deutlich verfrüht, wie sich herausstellen sollte. Facebook kauft sich mit der Übernahme von WhatsApp die Jugend zurück. An den Beteuerungen alles bleibe beim Alten, WhatsApp bleibt werbefrei und es gehe nicht um das Sammeln von Kundendaten, wird sich Facebook nun messen lassen müssen.

Der enorme Wert von WhatsApp

Doch was macht WhatsApp eigentlich so interessant für Facebook? Ganz einfach: weltweit nutzen über 450 Millionen Personen den Kurznachrichtendienst WhatsApp, um darüber Fotos, Videos, Sprachnachrichten oder Kurznachrichten auszutauschen. Darüber hinaus hat WhatsApp in Märkten wie Asien und Brasilien eine deutliche höhere Marktdurchdringung als Facebook. Neben der Zurückgewinnung er jungen User geht es Facebook in erster Linie darum, neue Märkte zu erschließen und neue User für Facebook zu gewinnen. Diese lassen sich dann in Facebook auch monetisieren.

WhatsApp die Spionage-App?

Was eigentlich lange schon bekannt war, ist durch die jüngsten Veröffentlichungen in der Presse erst noch einmal richtig ans Tageslicht gekommen. WhatsApp hat Zugriff auf sämtliche Nachrichten, Fotos, Videos und Kontakte. Angeblich schneidet WhatsApp sogar Telefonate mit. Wie schon gesagt, das ist hinlänglich bekannt und hat bisher auch nicht dazu geführt, dass die User Ihre Kommunikationsverhalten über den Kurznachrichtendienst verändert haben. Vielmehr ist durch die Verbindung zur Datenkrake Facebook nun natürlich eine neue Dimension entstanden.

Und nun? „Was soll’s“ könnte man sagen. Ist es nicht so, dass wir heute auch auf Facebook jede Minute unseres Tagesablaufes posten, uns mit Freunden schreiben, Bilder und Videos veröffentlichen? Darüber haben wir uns bisher auch keine Gedanken gemacht. Und das Facebook auch nicht der größte Freund der deutschen Datenschützer ist, wissen wir auch schon lange.

Hysterie pur – Wechsel zu anderen Nachrichten-Apps

In den letzten beiden Tagen bin ich mit Nachrichten und Posts überhäuft worden, wo Freunde mir mitgeteilt haben, dass sie WhatsApp umgehend gelöscht haben und ab sofort nur noch per SMS oder Facebook erreichbar wären. Andere haben direkt eine andere App installiert, in dem Glauben, dass ihre Nachrichten dort „absolut sicher“ sind.

Leute, wo lebt ihr eigentlich? Ihr benutzt Google für Eure Suchanfragen, habt ein Google Plus-Profil, seid bei Facebook, Twitter und Co. und regt Euch jetzt auf, dass Facebook eventuell noch mehr über Euch erfährt, als sie es eh schon tun. Sorry, aber ihr bekämpft hier hier höchstens das Symptom und nicht die Krankheit.

Sind andere Messanger besser?

Viele meiner Freunde sind in den vergangenen Tagen auf den Messanger Threema umgestiegen. Ein Nachrichtendienst mit dem besonderen Fokus auf Sicherheit, wie es auf der Internetseite des Schweizer Herstellers heißt. Threema bietet eine echte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der Daten an. Der Messanger ist nicht neu, erlebt aber im Moment steigende Nutzerzahlen einen echten Boom. Und auch Threema müssen wir vertrauen. Schließlich sind die Eidgenossen auch nicht das non-plus-ultra des Datenschutzes. Erwähnt seien hier nur mal die Steuer-CDs. Ich bin aber bereit, diesen Vertrauensvorschuss zu gewähren.

Und genau da war doch bisher das Problem. Andere Messanger machen nur Sinn, wenn auch die Mehrzahl meiner Kontakte diesen Dienst nutzt. Das ist bisher nur bei WhatsApp so. Zugegeben, von meinen Kontakten nutzen gerade einmal  rund 5 % Threema. Aber warum soll man in Zukunft nicht mehr als einen Messanger nutzen. Ich habe die 1,79 EUR für die Threema-App investiert und werde zukünftig neben WhatsApp auch über Threema erreichbar sein.

Das Problem neben der mangelnden Verbreitung ist die mangelnde Usability der anderen Messanger. 

Eine Übersicht von Messangern nach Sicherheitskriterien findet Ihr bei Wikipedia.

Also Leute, erst einmal Ruhe bewahren. Und wer nichts zu verbergen hat, kann m. E. auch WhatsApp weiter so nutzen, wie bisher. Oder glaubt ihr wirklich, dass es irgendeinen Ami interessiert, was ihr Euch mit Euren Freunden schreibt? Ich höre jetzt schon wieder die ganzen Gutmenschen, die mir sagen werden, dass es um das Prinzip gehe und unsere Netzfreiheit in Gefahr sei. Aber zum Glück darf ich ja noch selbst entscheiden!

Diesen Beitrag bewerten