allfacebook – Die Facebook Konferenz Berlin 2014

Ich muss sagen, ich bin restlos begeistert. Ich war heute zum erstem Mal auf der allfacebook Konferenz. Ein ganzer Tag im Zeichen von Facebook, dem sozialen Netzwerk mit mehr als 25 Millionen Nutzern in Deutschland. Und es war keineswegs eine Konferenz lauter Nerds und Millenials, die zum Gefolge von Marc Zuckerbergs gehören. Sowohl das Auditorium, als auch die Speaker waren bunt gemischt. Von Agenturen über technische Dienstleister bis zum Endkunden, fast alle Branchen waren vertreten. Ich habe mir das Ganze mal aus der Sicht eines Versicherungskonzerns angehört und angeschaut. Ich werde versuchen, die Konferenz im Folgenden mit 7-Keyfacts, die zum Teil sehr visionär sind, zusammenzufassen.

Fact 1: Goodbye Google

Curt Simon Harlinghausen erläuterte in seiner Keynote warum Facebook Google in den kommenden Jahren überholen wird. Durch den Zukauf von Atlas, einem Ad-Server von Microsoft, baut Facebook sein eigens Werbe-Ökosystem auf. Durch die Nutzung von Facebook auf nahezu jedem Endgerät wird so die Abbildung einer echten Customer-Journey bei Facebook möglich sein. Durch die Open-Graph-Search, die in den USA bereits verfügbar ist, entwickelt Facebook seine eigene Suchmaschine. Durch die Millarden von Informationen, die Facebook von seinen Nutzern täglich erhält, werden Suchen bei Google zukünftig mehr und mehr nicht mehr erforderlich sein. Mit App-Link entwickelt Facebook eine offene Schnittstelle für Verlinkungen aus Werbeanzeigen direkt in die Salesprozesse von Apps (Facebook-, iOS- und Android-Apps). Darüber hinaus wird Facebook versuchen, die Offline-Welt immer stärker mit der Online-Welt zu verknüpfen und so die Facebook-Kosmos zu erweitern. Dabei gilt für Facebook bei jeder Entwicklung die Maxime des Toothbrush-Prinzips – entwickle nur das, was der User mindestens zwei mal täglich nutzt.

Fact 2: Man muss keine Love-Brand sein um erfolgreich zu sein!

Claudia Banzanella und Dieter Rappold erläuterten am Beispiel von McDonalds Österreich, dass der Grat zwischen Love-Brand und Hate-Brand sehr schmal ist.  Strategisches Ziel bei McDonalds ist es, die Love-Brand in den Mittelpunkt zu stellen. Aber auch kritische Beiträge auf Facebook nutzt McDonalds für eine schnelle und zielführende Kommunikation mit den Usern. Deshalb werden alle Anfragen und Kommentare über die sozialen Netzwerke überwiegend innerhalb von 60 Minuten beantwortet. Die schnelle Reaktion und die Auseinandersetzung mit kritischen Kommentaren sind dabei das Mittel um das positive Markenbild aufrecht zu erhalten. Mit der Kampagne „Unser Essen, Eure Fragen“ nutzt McDonalds Facebook und eine eigene Community ebenso zu Marktforschungszwecken. Ähnlich agiert die Deutsche Telekom. Oliver Nissen machte deutlich, dass die Telekom keinesfalls eine Love-Brand ist. Dennoch sind Facebook und Twitter die idealen Kanäle um mit kritischen Kunden ins Gespräch zu kommen. 

In beiden Fällen gelingt es den Unternehmen zum Teil aus kritischen Usern echte Markenbotschafter zu machen.

Fact 3: Alles ist möglich – Black Hat Facebook Marketing

Black Hat war mir bisher nur aus dem Bereich SEO bekannt. Thomas Thaler (@ThalerTom) zeigte aber sehr anschaulich, dass es Möglichkeiten gibt, Facebook-Marketing hart am Rande der Legalität zu betreiben. Da diese Maßnahmen aber gegen das deutsche Datenschutzrecht, UWG und die Facebook-Richtlinien verstoßen, rät er von der Nutzung solcher Marketingmöglichkeiten ab. Für mich war interessant, was durch den Open-Graph von Facebook eigentlich alles möglich ist und welche Möglichkeiten der personalisierten Werbung einem in den Sinn kommen.

Fact 4: Facebook – Ohne Geld, keine Reichweite

Arne Henne von Facebook brachte in seinem Vortrag ein paar Insights. Da nur 3 % der User direkt auf eine Unternehmensseite gehen, ist der Newsfeed umso wichtiger. Schlimmer noch, die durchschnittliche organische Reichweite liegt nur noch bei rund 5 %. Um im Newsfeed weiterhin eine vernüftige Reichweite seiner Beiträge in Relation zu seinen Fans zu erzielen, kommt man an Sponsored-Posts und Dark-Posts nicht vorbei.  Es wurde noch einmal deutlich gemacht, dass Facebook Geld verdienen muss. Und zwar in Form von Werbeanzeigen. Daher entwickelt Facebook das Werbeökosystem auch ständig weiter. Damit Unternehmen die Werbung aber noch zielgerichteter schalten können bietet Facebook mit Custom-Audience, Lookalike-Audiences und Website-Custom-Audiences diverse Formate an, um die Werbung noch stärker auf den Nutzer zu personalisieren. Thomas Hutter führte gut in das Thema ein und erklärte die genauen Zusammenhänge.

 

 

Fact 5: WhatsApp als virales Marketinginstrument

Klaus Breyer und Philipp Thurmann von Buddybrand zeigten eindrucksvoll, dass sich auch WhatsApp für strategische und virale Marketingzwecke nutzen lässt. WhatsApp lässt sich, obwohl es lt. Nutzungsbedingungen nicht erlaubt ist, auch für Werbezwecke nutzen. Ein witziges Bild mit einem Link oder einer Nummer lässt sich mit einer Art Kettenbrief per WhatsApp verteilen. Da man virale Kampagnen nur schwer planen kann, ist dies aber auch Glückssache. Oder man kommuniziert über andere Kanäle eine Nummer, die die User in Ihren Kontaktdaten speichern sollen. Daraus lassen sich Broadcasting-Listen erstellen. Buddybrand ist sich sicher, dass Facebook durch den Zukauf von WhatsApp schnell ein Geschäftsmodell für die Monetarisierung von WhatsApp anbieten wird.  

 

Fact 6: Es geht nicht ohne: Facebook – Datenschutz & Recht

Der juristische Doppelpack mit Carsten Ulbricht und Thomas Schwenke brachten die Teilnehmer in einem sehr unterhaltsamen Vortrag auf den aktuellen Stand der Rechtsprechung und wiesen auf weitere Fallstricke bei der geschäftlichen Nutzung von Facebook hin.

Impressumspflicht

Die Impressumspflicht gilt bei Facebook uneingeschränkt. Und zwar sowohl in der Desktop-Ansicht, als auch in der Mobilversion. Aber auch in Facebook-Apps, da sie separat aufrufbar sind und damit als eigenes Angebot wahrgenommen werden können. Facebook ha inzwischen mit dem Punkt Impressum in den Seiteninfos reagiert und ermöglicht den Seitenbetreibern nun ein Impressum gemessen an den Anforderungen bereitzustellen.

Datenschutz

Durch die neuen Werbeformate bei Facebook (Custom Audiences) stellen sich auch neue Fragen zum Thema Datenschutz, da bei diesen Werbeformaten mit personenbezogenen Daten (User-Id, E-Mailadresse) gearbeitet wird. In einem Whitepaper mit Thomas Hutter hat Carsten Ulbricht die speziellen Anforderungen an den Datenschutz bei Nutzung des Werbeformates Custom Audience zusammengefasst: Ähnlich wie Google wird es über kurz oder lang dazu führen, dass deutsche Datenschützer einen Vertrag über die Auftragsdatenverarbeitung mit Facebook verlangen. Bis dahin sehen die beiden Rechtsexperten das Risiko aber als tragbar.

Stockbilder

Immer häufiger kommt es zu Abmahnung des Rechteinhabers durch den Einsatz von Bildern aus Stockbildbörsen wie (fotolia.de oder pixelio.de). Streng genommen erteilt der Nutzer Facebook eine Unterlizenz für die Nutzung der Bilder, was durch die Lizenz der Stockbörse aber nicht möglich ist. Die Portale haben reagiert und man kann besondere Bildlizenzen für die Verwendung in sozialen Netzwerken erwerben. Für bereits gekaufte Bilder sollte man sich die Erlaubnis zum Einsatz der in sozialen Netzwerken auf jeden Fall schriftlich bestätigen lassen.

Sharing & Embedding

Nach einem aktuellen Urteil des EuGH ist das Embedding von Bildern bei der automatischen Vorschau von Links in Facebook zulässig. Die dabei verwendete Vorschau der Bilder ist nach Ansicht der Richter keine Verletzung des Urheberrechtes. 

Fact 7: Der einzige ROI der zählt ist Cash!

Roland Fiege (@RolandFiege) von Mediabrand beschrieb, wie Marketingverantwortliche nun immer häufiger den ROI von Social Media Aktivitäten nachweisen müssen. Doch statt sich wie bisher auf KPIs wie Anzahl der Likes, Fanwachstum, Reichweite zu beschränken, müssen nun KPIs in harter Währung her. Wie aus der klassischen Werbung bekannt, können auch Aktivitäten in sozialen Netzwerken anhand des Mediaäquivalenzwertes (EMV) gemessen werden. Dabei muss sich dann die Frage gestellt werden „Was hätte ich in anderen Kanälen investieren müssen?“. Letztendlich kristallisiert sich hier auch nur eine Kennzahl heraus und die lautet Cash!

Mein ganz persönliches Fazit

Aus Sicht der Versicherungsbranche bleibt Facebook ein unverzichtbarer Kanal im Marketing- und Kommunikationsmix. Durch die neuen Werbeformate bei Facebook gibt es enorme potenziale für eine effektivere Werbung auf Facebook. Als Branche, die stark mit Vertrauen wirbt und auch so wahrgenommen wird, müssen datenschutzrechtliche Themen dabei aber noch stärker in den Focus rücken. Nicht zuletzt durch den Beitritt der meisten Unternehmen zum Code of Conduct (CoC), müssen diese Belange immer mit in Erwägung gezogen werden.

Ich danke allen Organisatoren insbesondere den Jungs von allfacebook.de, Speakern und Sponsoren für eine wirklich gelungene allfacebook Konferenz, die Ihrem Namen voll und ganz gerecht geworden ist. Durch die vielen persönlichen Gespräche in den Pausen haben sich viele weitere Ansatzpunkte ergeben. Alleine aus Gründen des Netzwerkens bin ich im nächsten Jahr wieder dabei.  

Diesen Beitrag bewerten